Abkassieren mit Tippfehler-Domains
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über die Zulässigkeit eines Domainnamens entschieden, mit der ein typischer Schreibfehler bei der Eingabe eines bereits registrierten Domainnamens ausgenutzt wird.
Die Klägerin betreibt einen Online-Wetterdienst unter www.wetteronline.de. Der Beklagte nutzt die Domain „wetteronlin.de“. Wer auf diese Seite gelangt, wird auf eine weitere Inter-netseite des Beklagten mit Werbung für Krankenversicherungen geleitet. Für jeden Aufruf dieser Internetseite erhält der Beklagte ein Entgelt. Das irgend jemand absichtlich die Domain wetteronlin.de aufruft, ist natürlich abwegig. Der Betreiber schmarotzt also ausschließlich von einem typischen Tippfehler derjenigen, die die Seite www.wetteronline.de aufrufen wollten.
Das Geschäftsmodell ist nicht neu, entsprechend gibt es auch eine Fülle von instanzgerichtlichen Entscheidungen zu sogenannten Tippfehler-Domains.
In Bezug auf die Tippfehler-Domain wetteronlin.de hatten die Vorinstanzen (LG Köln, 81 O 42711; OLG Köln 6 U 187/11) sowohl eine wettbewerbsrechtliche Behinderung als auch eine Verletzung des Namensrechts des Betreibers von www.wetteronline.de angenommen.
Der BGH hat nun eine Verletzung des Namensrechts verneint. Die Beurteilung, daß der Einsatz der Tippfehler-Domain unter dem Gesichtspunkt des Abfangens von Kunden gegen das Verbot unlauterer Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG verstößt, hat der BGH dagegen bestätigt.
Das Gericht macht jedoch eine kleine, allerdings einschneidende Einschränkung: Denn die Nutzung der Tippfehler-Domain ist nicht grundsätzlich unzulässig, sondern nur dann, wenn der Nutzer auf der Webseite unter der Tippfehler-Domain nicht sogleich und unübersehbar auf den Umstand hingewiesen wird, daß er sich nicht auf der gesuchten Domain befindet.
Ob jemand tatsächlich einen Hinweis benötigt, daß er sich nicht auf www.wetteronline.de befindet, wenn ihm eine Werbe-Seite präsentiert wird, die nur Werbung für Krankenversicherungen enthält, erscheint fraglich. Für das Geschäftsmodell der Betreiber von Tippfehler-Domains ist dies ebenfalls kaum relevant. Denn der Betreiber erhält sein Geld schon dafür, daß jemand überhaupt auf die Tippfehler-Domain gelangt. Vielleicht reduziert sich das Entgelt etwas, wenn der „unübersehbare Hinweis“, daß man sich nicht auf www.wetteronline.de befindet, zu Einbußen bei der Klick-Rate auf die Versicherungswerbung führen sollte. Dies läßt sich dann aber sicherlich durch den vermehrten Einsatz von Tippfehler-Domains ausgleichen. Denn eine Löschung der Tippfehler-Domain kann nicht verlangt werden.
Die aktuelle Entscheidung des BGH bringt daher zwar Rechtssicherheit. Allerdings wohl in erster Linie für die Betreiber von Tippfehler-Domains! Domain-Inhabern kann man dagegen nur eines raten: Registrieren Sie naheliegende Tippfehler-Domains zu Ihrer eigenen We-badresse so schnell wie möglich selbst.