Joachim Steinhöfel testet gern Grenzen aus

Eier legende Wollmilchsau auf Rädern

Von Carolyn Braun, Handelsblatt

Joachim Steinhöfel gibt gern den provokanten Miesepeter. Beim Weekend-Journal-Test mit der BMW 1200 GS gab es für ihn wenig zu meckern.



Der nörgelige Prüfer für Media-Markt-Produkte und die BMW 1200 GS: Begeisterung sieht anders aus: Joachim Steinhöfel testet gern Grenzen aus. Klar, dass er mit der BMW 1200 GS erst mal den Elbschlick vor Hamburg unsicher machte – wo Fahren eigentlich verboten ist: Das gehört dazu. Schließlich hat Steinhöfel ein Image zu verlieren. Der Rechtsanwalt hat zwar auch als Jurist ordentlich Karriere gemacht, besser bekannt aber ist er als das Gesicht von Media Markt.

"Ich bin doch nicht blöd" und "Gut, dass wir verglichen haben" pöbelte er vor einigen Jahren aus Bildschirmen heraus und von Plakatwänden herunter. Der nörgelige Produktprüfer aus der Werbung des Elektronik-Kaufhauses war diesmal als Motorradtester fürs Weekend Journal unterwegs.

Im Grunde passen Joachim Steinhöfel und die Enduromaschine BMW 1200 GS gut zusammen. Eine Enduro, das ist eine Eier legende Wollmilchsau, die sich im Gelände behaupten kann, ohne dass der Fahrer Abstriche bei der Straßentauglichkeit zu machen braucht. Und Joachim Steinhöfel ist oder war in seinem 41-jährigen Leben bereits auf Wettbewerbs- und Urheberrecht spezialisierter Anwalt, Werbestar, Schauspieler, Fernseh- und Radiomoderator.

Dummerweise kultiviert er aber ein Selbstbild, das nicht so gut zu einer Maschine passt, deren Zielgruppe eher aus grau melierten Endvierzigern besteht, die im Urlaub die Passstraßen der Alpen unsicher machen wollen. Steinhöfel fährt Motocross, und zwar in Südafrika, wo er ungefähr ein Drittel des Jahres verbringt. Ansonsten ist er Porschefahrer – seit er 23 ist – oder mit dem Fahrrad unterwegs. Die BMW würde er sich selbst nie zulegen: "Diese Art von Mobilität ist für mich nicht interessant."

Unabhängiger und objektiver gehts also nicht. Steinhöfel knöpft sich die Enduro durchaus ernsthaft vor, den provokativen Miesepeter gibt er beim Weekend-Journal-Motorradtest nicht. Eine Tour zu einem See ein paar Kilometer vor den Stadtgrenzen Hamburgs unternimmt er mit der Maschine.

Die Elbmetropole kennt er in- und auswendig, hier ist er aufgewachsen, und hier arbeitet er „jeden Tag neun oder zehn Stunden“, auch am Wochenende. Fast 200 Fälle hat er zum BGH hochprozessiert, rund 70 Prozent davon gewonnen. Nach der Arbeit geht’s regelmäßig zum Sport.

Der Jurist lebt gesund. Schneller als 100 fährt er nicht auf seinem Seentrip. Dabei schafft die BWM durchaus 200 Stundenkilometer. Doch Steinhöfel ist sein Leben lieb. Nicht, dass er seinem eigenen Können misstraute. Aber bei dem schönen Wetter ist viel los auf den Landstraßen vor der Hansestadt: „Da sind doch massenhaft unzurechnungsfähige Sonntagsfahrer auf den Straßen.“

Als „alltagstauglich“ beurteilt er die Maschine, sie sei wendig, spritzig und gut zu beherrschen: „Eine unkomplizierte Maschine, die einen wahnsinnig zuverlässigen Eindruck macht.“ Und für ihre Größe und ihr Gewicht erscheint sie ihm immer noch elegant und flexibel. Allerdings reagiert sie etwas zu schnell, wenn er das Gas wegnimmt, findet der Jurist. Da habe er sich erst drauf einstellen müssen. Gas wegnehmen ist auch nicht unbedingt etwas, was Steinhöfel gut drauf hat. „Jeden Tag etwas tun, wovor man wirklich Schiss hat“, das hat er zu seinem Lebensmotto erhoben.

„Eine Tätigkeit für sich genommen führt zu einem eindimensionalen Leben“, sagt er. „Ich muss meine Stärken und Schwächen kennen lernen.“ Leute, die immer nur das Gleiche tun, altern schneller und verfallen geistig, glaubt er. Besser man ist wie er: „Ich war immer rührig und unstet.“

Sicher ist das eine Pose. Aber der 41-Jährige lebt sie konsequent, auch wenn es in den vergangenen Jahren ruhiger um ihn geworden ist. Die Zeiten der Media-Markt-Spots sind erst mal vorbei, und auch sonst war von Steinhöfel außer zu den Top-Ware-Verfahren in den Medien wenig zu hören. Er fungierte als Aufsichtsrat und Anwalt der Firma, die Telefonbücher in China abtippen ließ, die Nummern erfolgreich auf CD-Rom verkaufte und letztendlich in einer gerichtlichen Schlacht mit der Telekom-Tochter DeTeMedien den Kürzeren zog.

Außerdem hat er noch mit Ernst August von Hannover eine kleine Privatfehde laufen. Im Wesentlichen geht es darum, ob Steinhöfel den Prinzen auf seiner Homepage abbilden und ironisch als Wunschmandanten benennen darf.

Trotz gerichtlicher Niederlage beharrt er auf seinem Recht: „Wenn sich jemand albern benimmt, dann muss ich mich eben darüber lustig machen.“ Steinhöfel benimmt sich nicht albern, Steinhöfel ist cool, seine Testmaschine allerdings nicht. Besonders die Seitenkoffer irritieren ihn: „Aber wenigstens kann man sie abschnallen.“ Der Charakter der Maschine ist für ihn nicht ausgeprägt.

Als Soundtrack zur Testfahrt fällt dem ehemaligen Musikredakteur alles Mögliche ein: „Die Pet Shop Boys könnte ich mir vorstellen“, sagt er. „Aber Verdi geht auch.“ Musik ist nur eins seiner Hobbys. Er liest gern – „Krimis, Romane, Geschichtsbücher, eigentlich alle Genres“. Im Augenblick erfreut er sich an Marc Aurels Selbstbetrachtungen. Im Sport hat der ehemalige Segel-Europa- und -Weltmeisterschaftsteilnehmer eine neue Leidenschaft entdeckt: Thaiboxen.

Und natürlich dient das Hobby wieder als Metapher dafür, dass er ständig etwas Neues ausprobieren will: „Dem Gegner auf die Nase hauen und dann schnell wieder raus aus dessen Reichweite.“ Rein und gleich wieder raus – im Elbschlick ist das dem Motorradtester mit der Enduro nicht gelungen. Ganz schön tief sank die Maschine ein. Aber ein Steinhöfel lässt sich nicht unterkriegen: „Mit anderen Reifen wäre ich da vielleicht auch wieder rausgekommen.“