JS Rechtsanwälte Steinhöfel - Frango ut patefaciam

JS Rechtsanwälte Steinhöfel

Die „Unwirksamkeit“ einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung wegen fehlender Vollmacht

Wenn Kinder sich verstecken wollen, halten sie sich bisweilen einfach die Augen zu. In der kindlichen „Logik“ bringt man sich so vor dem in Sicherheit, das man fürchtet oder nicht sehen will. Die anwaltliche Praxis kennt gelegentlich ein sehr ähnliches Verhaltensmuster: Die „unverzügliche Zurückweisung einer Abmahnung“ mangels beigefügter Vollmacht.

Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung weist den Verletzer auf das Bestehen einer unzulässigen Verhaltensweise und, daraus resultierend, eines Unterlassungsanspruchs hin. Sie ist dafür vorgesehen, dem Täter durch geeignete Erklärungen (in der Regel eine Unterlassungserklärung) einen Rechtsstreit zu vermeiden. Mit der Abmahnung eine Vollmacht im Original vorzulegen, ist nicht erforderlich. Dies wird erst dann notwendig, wenn der Verletzer ankündigt, er werde eine Unterlassungserklärung abgeben, sobald ihm die Vollmacht im Original vorliege. Auch in diesem Fall steht allerdings die Wirksamkeit der Abmahnung außer Frage. Es entspricht daher der überwiegenden und seit Jahrzehnten gefestigten Rechtsprechung nahezu aller Oberlandesgerichte, daß eine Abmahnung auch ohne Vorlage einer Vollmacht wirksam ist. Jede andere Praxis würde eine zügige Streitbeilegung erheblich behindern und – zum Wohle des Wettbewerbsverletzters – verzögern.

Allerdings haben sich zwei Oberlandesgerichte auf einen abweichenden Standpunkt gestellt: Eine Abmahnung sei unwirksam, wenn ihr keine Vollmacht beigefügt ist und der Adressat sie aus diesem Grund unverzüglich zurückweist, OLG Düsseldorf, I-20 U 253/08 und, in ständiger Rechtsprechung, ebenso das OLG Dresden, vgl. zB 14 W 1697/97. Die Konsequenzen dieser Rechtsprechung sind allerdings auf die Oberlandesgerichtsbezirke Düsseldorf und Dresden beschränkt. Wer beabsichtigt, ein Landgericht im Zuständigkeitsbereich dieser Oberlandesgerichte anzurufen, wird seiner Abmahnung eine Original-Vollmacht beifügen. Ist dies nicht der Fall, wird dies auf die Absicht des Abmahnenden schließen lassen, ein Gericht in einem der verbleibenden 22 Oberlandesgerichtsbezirke vorzuziehen. Die Zurückweisung der Abmahnung mangels Beifügung einer Vollmacht ist also selbst aus der Sicht des Abgemahnten sinnlos. Es ist daher sicher nicht gänzlich verkehrt, das Motiv für eine solche Reaktion auf eine Abmahnung weniger in professionellen Erwägungen, denn in Überbleibseln kindlicher Verhaltensmuster zu suchen.

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